Endlich gelöst: Das Rätsel des Gender Pay Gaps.
Die meisten Personalisten schwören Stein und Bein, dass sie Frauen und Männern in ihrem Unternehmen gleich viel zahlen. Garantiert. 100 Prozent. Davon sind sie ehrlich überzeugt.
Komisch nur, dass Frauen in Österreich trotzdem 18,8 Prozent weniger Gehalt bekommen als Männer (im EU-Schnitt sind es „nur“ 12,7 Prozent). Jetzt weiß ich warum.
Das kam so: Eine meiner Mentees warf sich auf den Arbeitsmarkt. Schlaues Mädel, wurde sofort zu mehreren Interviews eingeladen. Gleich die erste Firma gefiel ihr. Im Interview nannte sie ihr (sehr vernünftiges) Wunschgehalt. Ihre Gegenüber zuckten mit keiner Wimper.
Kurz darauf bekam sie die Zusage und einen Vertrag zugeschickt. Sie möge ihn umgehend unterschrieben retournieren, stand da. Sie las ihn sich trotzdem durch und rechnete nach: Übers Jahr lag ihr Gehalt laut Vertrag 2000 Euro unter dem gewünschten.
Sie rief mich an. „2000 Euro ärgern mich“, sagte sie. „Aber ich will nicht kleinlich sein. Die denken sonst, ich komme nur wegen des Geldes.“
Hätte ich sie nicht aufgehusst, sie hätte unterschrieben. Weil sie nicht unangenehm auffallen wollte, schon gar nicht zum Start. Typisch Frau.
Was hätte ein Mann getan? Er hätte ohne Zögern die Verantwortlichen angerufen, mit fester Stimme auf seinem Wunschgehalt beharrt und sich durchgesetzt. So hätte er – schwupps – vom Start weg 2000 Euro im Jahr mehr verdient als meine Mentee. Über die Jahre hätte sich der Gap vergrößert, einfach weil er konsequenter nach Gehaltssteigerungen verlangen würde. Weil es ihm vergleichsweise wurscht ist, ob er unangenehm auffällt. Von den Jahren, um die sie zurückgeworfen wird, wenn sie mal schwanger wird, wollen wir gar nicht reden.
Meine Mentee rief nach einigem aufmunterndem Coaching auch an. Die (ältere) Personalistin versuchte tatsächlich, sie persönlich abzukanzeln und monetär herunterzuhandeln. Worauf die Kandidatin dankend verzichtete. Sie hat noch mehr Eisen im Feuer.
Lesson learned: Mädels, sagt, was ihr wollt. Sagt es klar und deutlich. Besteht darauf und hakt nach. Weil manche versuchen werden, euch über den Tisch zu ziehen. Bei Männern trauen sie sich das nicht.