Wimperntusche oder: Nachhaltigkeit wiegt schwer.

Kürzlich nahm ich an einer Bergwanderreise teil. Das Besondere: Sie war konsequent nachhaltig organisiert.

Super, dachte ich. Ich komme ohnehin mit dem Zug. Ich lasse am Berg keinen Mist zurück und esse meinen Salat bis zum letzten Blatt. Mich kann nichts erschüttern.

Wenige Tage davor erreichte mich die Rundmail der unglaublich netten Organisatorin (an dieser Stelle: Danke fürs Augenöffnen!) Ob mich der Hotel-E-Shuttle vom Bahnhof abholen solle oder ob ich mit dem öffentlichen Bus führe? Es warat wegen der Klimabilanz.

Kein Problem, dachte ich. Zahle ich halt für den Bus.

Bald darauf kam eine weitere Mail. Ob ich mein Gepäck selbst tragen würde? Von Hotel zu Hütte und wieder zurück, sprich, über die Berge. Fast alle Teilnehmer hätten schon zugestimmt.

Ich erstarrte. Natürlich, ich könnte mein Zeug statt in den Rollkoffer in den großen Rucksack stopfen. Den müsste ich aber schleppen, 800 Höhenmeter, sechs Stunden am Tag. Ganz schön schwer. Was kann ich einsparen?

Als erstes fiel mir meine Wimperntusche ein. Ich weiß nicht warum. Nicht aus Eitelkeit, aus Identität. Ich gehe nie ohne Wimperntusche ins Freie.

Dann setzte mein Hirn ein. Es gab Wichtigeres. Wo konnte ich Gewicht einsparen? Die Ersatzhose – was, wenn es regnet? Die Bedsox – mit kalten Füßen kann ich nicht schlafen. Die Regenjacke? So ging das eine Weile. Natürlich hätte ich auf den Gepäckstransport bestehen können. Aber die Klimabilanz! Und der Gruppendruck! Wenn fast alle anderen schon zugestimmt hatten, stünde ich da wie ein zickiges CO2-Krokodil.

Zähneknirschend sagte ich zu. Um postwendend eine neue Mail zu erhalten. Alles anders, das Gepäck werde transportiert. Für alle.

Ich las die Mail zweimal, um ganz sicher zu sein. Dann ging ich ins Bad und tuschte mir glücklich die Wimpern.

(Fortsetzung folgt)


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